Beispiele für Einschränkungen der Versammlungsfreiheit…

…und damit für die Proteste sozialer Bewegungen außerhalb der Parlamente:

  1. Kriminalisierung von Protestformen
    • Friedliche Blockaden, z.B. gegen Nazi-Aufmärsche, sind bisher durch die Versammlungsfreiheit geschützt. Diesen droht nun die Strafverfolgung. Bereits die Vorbereitung und Einübung von Blockaden wäre verboten, auch wenn ein konkretes Versammlungsgeschehen nicht absehbar ist. Entsprechende Trainings von „Ende Gelände“, Extinction Rebellion oder auch „Fridays for Future“ würden kriminalisiert werden. Das Gesetz setzt somit im Vorfeld von Versammlungen an. Durch staatliches Handeln soll verhindert werden, dass überhaupt gesellschaftlicher Druck entsteht, der z.B. zur Absage eines angekündigten Nazi-Aufmarschs führen könnte.
    • Das sogenannte “Militanzverbot” verbietet neben der Uniformierung auch eine „in vergleichbarer Weise … vermittelte“ „einschüchternde“ Wirkung. Dies wird durch die ebenso dehnbaren Begriffe “aggressiv” und “provokativ” ergänzt. Hier ist eine Strafbewehrung bis zu zwei Jahren Haft vorgesehen, auch wenn lediglich dazu beigetragen wird, dass eine Versammlung diesem Verbot zuwider läuft. Durch das “Militanzverbot” bekommt die Polizei ein Instrument in die Hand, nahezu jeden missliebigen, kämpferischen, lauten, aktiven Demonstrationsblock mit Maßnahmen bis hin zu Auflösung und Festnahmen zu konfrontieren. Denn die Einsatzleitung könnte weiße Maleranzüge, Gewerkschaftswesten, laute Parolen oder Sonnenbrillen dieser „Einschüchterung“ zurechnen oder als “aggressiv” und “provokativ“ bewerten …
  2. Sammlung personenbezogener Daten und damit verbundene Abschreckung
    • Videobeobachtung wird vereinfacht. Hier reicht schon eine unbestimmte Versammlungsgröße, wenn die Polizei die technische Beobachtung zur „Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes“ wegen der „Größe oder Unübersichtlichkeit“ für erforderlich hält. Allein die Tatsache, dass willkürlich eine Videoüberwachung mit Speicherung erfolgen könnte, ist dazu geeignet, Menschen davon abzuhalten, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen.
    • Aus nahezu jedem Grund, den die Polizei als eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ annimmt, müssen Veranstalter*innen eine Liste mit Namen und Adressen der Ordner*innen herausgeben. Diese Datenerhebung findet zur Überprüfung der Personen statt, die damit staatlich erfasst und eventuell auch gespeichert bleiben. Allein die Nichtbefolgung der Anweisung, Namen und Adressen von Ordner*innen zu nennen, kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 1500 Euro geahndet werden.
    • Die Polizei vor Ort kann jederzeit aus eigener Entscheidung Kontrollstellen um Versammlungen herum einrichten, um Versammlungsteilnehmer*innen zu kontrollieren und dabei ihre personenbezogenen Daten zu erheben und abzugleichen.
  3. Teilnahmebeschränkungen und Einschüchterungsbesuche
    • Mit der Erleichterung von Teilnahmeuntersagungen und dem Instrument der Gefährderansprachen gegenüber einzelnen Personen ohne versammlungsbezogenen Anlass wird ein Instrument für den geradezu willkürlichen Ausschluss der von der Polizei als „problematisch“ empfundenen Personen erlaubt. Dazu dient auch das neu eingeführte Instrument der Meldeauflage.
  4. Bürokratische Hürden
    • Für Veranstalter*innen und Anmelder*innen kommen neue Hürden hinzu. Nicht nur müssen deutlich mehr Angaben zu Person und Adresse gemacht werden, eine telefonische oder mündliche Anmeldemöglichkeit entfällt. Außerdem kann die Ausnahme von Samstagen, Sonn- und Feiertagen die Anmeldefrist auf bis zu vier Tage verlängern.
  5. Ausbau des Katalogs an Ordnungswidrigkeiten und Erhöhung von Strafen
    • Sechs Ordnungswidrigkeiten werden geschaffen, die es zuvor nicht gab. So sind z.B. angeblich störende Handlungen, die nicht strafrechtlich verfolgt werden können, nun eine Ordnungswidrigkeit, womit die Polizei eine Vorgehensoption gegen Proteste dazu gewinnt. Die Bußgeldandrohungen verdreifachen bzw. versechsfachen sich auf bis zu 3000 Euro.
    • Strafandrohungen, die bisher bei maximal einem Jahr Gefängnis lagen, werden teilweise nun mit bis zu zwei Jahren Gefängnis verdoppelt. Dazu gehört auch der Strafparagraf zum Vermummungsverbot, der schon die Kombination aus Mütze und Sonnenbrille unter Strafe stellen kann.